Stress – der verborgene Feind guter Entscheidungen und effektiver Führung

Wie Stress Führungs-Performance und Entscheidungen beeinflusst

Symbol image - Stress und Leadership Performance

Stress ist ein oft übersehener Faktor der Performance von Führungskräften. Insbesondere schwerer und chronischer Stress kann wesentliche Führungsfunktionen wie Entscheidungsfindung, emotionale Intelligenz und Kommunikation beeinträchtigen. Es ist wichtig zu verstehen, wie sich Stress in Situationen mit hohem Druck auf wichtige Führungsqualitäten auswirkt.

In diesem Artikel wird untersucht, wie Stress die Führungsqualitäten und die Entscheidungsfindung beeinträchtigen kann. Der Artikel bietet praktische Einblicke für Führungskräfte, die unter Druck bessere Entscheidungen treffen und bessere Leistungen erbringen wollen.

Der Effekt von Stress auf das Gehirn

Führungs- und Managementaufgaben stellen hohe Anforderungen an die „Exekutivfunktionen“ (so werden sie genannt) des Gehirns. Diese höheren kognitiven Prozesse finden im präfrontalen Kortex des Gehirns statt. Sie ermöglichen zielgerichtetes Verhalten, Entscheidungsfindung und Selbstkontrolle. Daher sind sie für Führungsaufgaben wie Entscheidungsfindung, Analyse, kreative Problemlösung und Verhandlung unerlässlich.

Stress ist der Geisteskiller

Thiago Leão Therapeut / Philosoph T. Leão’s Artikel zu Stress und Frank Herbert’s berühmtem Zitat „Angst ist der Geisteskiller“

Unter Stress konzentriert sich der Körper aufs Überleben. Daher schaltet unser präfrontales Gehirn teilweise ab, was uns weniger intelligent und weniger kreativ macht – d. h. die „exekutiven Funktionen“ unseres Gehirns sind beeinträchtigt.

Dies führt zu kognitiven Beeinträchtigungen, impulsivem oder defensivem Verhalten. Es führt zu einer übermäßigen Abhängigkeit von Gewohnheiten und Standardroutinen. Unter Stress werden Kognition, emotionale Reaktionen und Kommunikationsfähigkeiten beeinträchtigt.

Wir werden diese Auswirkungen im folgenden Abschnitt ausführlich erörtern.

Auswirkungen von Stress auf Denkvermögen, Entscheidungsfindung & Führungsverhalten

Kognitive Beeinträchtigungen

Wenn Führungskräfte und Manager unter chronischem oder hohem Stress arbeiten, geraten genau die mentalen Fähigkeiten, die sie zur Steuerung eines Unternehmens benötigen, ins Wanken. Stress beeinträchtigt das Arbeitsgedächtnis, die kognitive Flexibilität, das Emotionsmanagement und die Impulshemmung. Diese Funktionen helfen uns, Probleme zu lösen, Pläne zu schmieden und Emotionen zu steuern – also genau das, was wir für komplexe Entscheidungen benötigen.

  • Kognitive Beeinträchtigungen – Gedächtnis: Arbeitsgedächtnis und kognitive Flexibilität sind eingeschränkt.
  • Planung und Organisation – Die Fähigkeit, Ziele zu setzen, Strategien zu entwickeln und Gedanken und Handlungen zu deren Erreichung zu ordnen, ist beeinträchtigt.
  • Verminderte Kreativität & Problemlösung – Unter Stress fällt es Menschen schwer, über den Tellerrand hinauszuschauen.
  • Kurzfristiges Denken – Kurzfristige Fokussierung (z. B. Überlebensorientierung) ersetzt langfristige Planung.

Wenn Stress die kognitiven Funktionen beeinträchtigt, verlieren Führungskräfte an Effektivität: Probleme bleiben ungelöst, Entscheidungen bleiben unausgereift und die strategische Ausrichtung wird unklar.

Active / Impulsive Behaviours

In Stresssituationen neigen Führungskräfte, aber auch Organisationen als Ganzes, oft dazu, schnell zu handeln, anstatt sorgfältig zu überlegen – oft getrieben von äußerem Druck und Dringlichkeit.

  • Aktionsstrudel – Gefangen im Momentum und unfähig, vom eingeschlagenen Weg abzuweichen oder Entscheidungen zu revidieren.
  • Handlungs-Neigung (Action Bias) – Der Glaube, dass etwas zu tun besser ist als nichts zu tun. – In Zeiten der Unsicherheit tun wir lieber etwas, als nichts zu tun.
  • Selbstüberschätzung – Überschätzung der eigenen/organisatorischen Kompetenzen und des eigenen Einflusses.
  • Riskante Entscheidungen1– Riskantere Entscheidungen treffen, wenn eine hohe Belohnung möglich ist.

Insbesondere extrovertierte Menschen neigen unter Stress zu aktivem, impulsivem Verhalten.

Führungskräfte wollen oft den Eindruck erwecken, durch ihr Handeln die Kontrolle zu haben. Sie wollen als „Macher“ auftreten. Gleichzeitig belohnen Unternehmen oft Aktivität und souveräne Führung, selbst wenn Nichtstun die bessere Alternative gewesen wäre.

Passives / Defensives Verhalten

Andererseits kann Stress auch zu defensivem, risikovermeidendem Verhalten führen. Analyselähmung und Vermeidungsverhalten verhindern kontinuierliche Problemlösungen, Fortschritt und Innovation.

  • Analyselähmung – Übermäßige Analyse und Vorbereitung ohne Entscheidungsfindung.
  • Zögern – Übermäßige Angst vor Entscheidungen und übertriebene Risikowahrnehmung.
  • Rückzug/Passivität – Konfliktvermeidung, Prokrastination.

Insbesondere introvertierte Menschen neigen unter Stress dazu, passiv oder defensiv zu reagieren. Dieses Verhalten vermittelt den Eindruck von Überforderung und Zögern. Es führt oft zu einem Teufelskreis: Ungelöste Probleme und mangelnder Fortschritt führen oft zu Dringlichkeit und Krisen, die die Lähmung durchbrechen.

Aus karrieretaktischer Sicht ist passives oder defensives Verhalten in Stresssituationen für Führungskräfte oft problematisch, da es schnell den Eindruck von Überforderung, Inaktivität und Zögerlichkeit erwecken kann. Andererseits macht wer abtaucht auch keine Fehler.

Kontrollverhalten

Übermäßiges Kontrollverhalten unter Stress bildet eine eigene Kategorie. Das Verhalten von Kontrollfreaks ist oft eine Mischung aus Aggressivität und Abwehrhaltung. Einerseits führt es zu ständigem Eingreifen und Handeln. Andererseits ist dieses Verhalten durch mangelndes Vertrauen und Risikovermeidung gekennzeichnet und behindert oft jeden echten Fortschritt.

  • Mikromanagement – Vermeidung von Risiken und Fehlern durch übermäßige Mitarbeiterkontrolle und Detailversessenheit.
  • Sturheit / mangelnde Flexibilität – Unflexibilität gegenüber Teammitgliedern oder Kollegen, die andere Lösungen vorschlagen, Fixierung auf eine einzige Vorgehensweise.

Dieses Verhalten kann zu einem Teufelskreis führen: Mikromanagement verursacht zusätzlichen Stress sowohl für die Führungskräfte selbst als auch für ihre Teammitglieder. Es führt oft zu Frustration bei den Mitarbeitern und negativer Teamenergie.

Kontrollierendes Verhalten führt oft zu einem faktischen Stillstand, obwohl man Vollgas gibt oder mit großem Aufwand Ergebnisse erzwingen will.

Gewohnheiten und automatische Muster

Führungsverhalten unter Stress wird oft auch durch Erfahrung, Ausbildung, (Organisations-)Kultur und Persönlichkeit geprägt. Anstatt instinktiv zu reagieren (z. B. Kampf-oder-Flucht-Prinzip), verlassen sich Führungskräfte auf erlernte Führungsverhaltensweisen wie Standardprozesse, Entscheidungsstrukturen, Delegation oder erprobte Krisenmanagementroutinen.

  • Vertrauen auf Verhaltensgewohnheiten und -routinen – Verfallen in automatische Verhaltensweisen und Verhaltensmuster, anstatt flexibel auf die Situation zu reagieren und neue Lösungen zu erwägen.
  • Erhöhte Rigidität von Persönlichkeitsmerkmalen – An guten Tagen ist unsere Persönlichkeit (gemessen an den Big 5 Persönlichkeitsmerkmalen) eine bloße Tendenz, wir können flexibel auf die Situation reagieren. An stressigen Tagen wird unser Verhalten starrer, Verhaltenspräferenzen werden überstrapaziert.
  • Starres Denken – Menschen greifen auf vertraute Überzeugungen und vorgefertigte Slogans zurück und verpassen so neue Informationen und kreative Lösungen.

Im Idealfall ermöglichen produktive Gewohnheiten es Führungskräften, eine übermäßige Arbeitsbelastung durch den Rückgriff auf Standardroutinen zu bewältigen. Wird dieses Verhalten jedoch überstrapaziert, bleibt die notwendige Flexibilität in komplexen oder neuen Situationen auf der Strecke.

Übermäßiges Vertrauen in mentale Abkürzungen und Emotionen

Die meisten Entscheidungen in der realen Welt können nicht auf einer vollständig rationalen Analyse aller verfügbaren Informationen beruhen. Führungskräfte und Manager müssen Entscheidungen auf der Grundlage unvollständiger Informationen, begrenzter Analysen und unter Zeitdruck treffen.

Deshalb nutzen Manager und Führungskräfte selbst unter normalen Umständen Faustregeln, „schnelle und sparsame Heuristiken“2 sowie Bauchgefühl und Intuition. Im Idealfall basieren diese Abkürzungen auf Erfahrung und berücksichtigen rationale Analysen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, spezifische Kontexte und relevante Daten zu berücksichtigen, um bei Bedarf eine umfassendere Analyse durchzuführen.

Unter Stress werden diese Entscheidungsstrategien nicht mehr durch Daten und Rationalität ausbalanciert. Stattdessen beobachten wir:

  • Übermäßiges Vertrauen auf Entscheidungsheuristiken und Faustregeln: Übermäßiger Einsatz von Abkürzungen, ohne die verfügbaren Informationen zu berücksichtigen und die Grenzen der angewandten Heuristiken zu berücksichtigen.
  • Übermäßiges Vertrauen auf Intuition und Bauchgefühl: Verlassen auf die Intuition, ohne diese mit Daten und Analysen zu untermauern.
  • Übermäßiges Vertrauen auf Emotionen (Affektheuristik): Entscheidungen werden eher auf der Grundlage von Emotionen (z. B. Wut, Traurigkeit, Bosheit, Rache usw.) als auf der Grundlage von Logik oder Beweisen getroffen.
  • Übermäßiges Vertrauen auf Präzedenzfälle und Erfahrungen aus der Vergangenheit (Priming-Bias): Erfahrungen aus der Vergangenheit werden übergeneralisiert, obwohl sie nicht auf die aktuelle Situation zutreffen.
  • Übermäßiges Vertrauen auf Stereotype: Verallgemeinerte Gruppenmerkmale werden verwendet, anstatt das Individuum zu berücksichtigen.

Kognitive Verzerrungen

Zusätzlich können kognitive Verzerrungen und Vorurteile bei zunehmendem Stress und vorherrschender Kampfreaktion zunehmen. Diese systematischen Denkfehler können zu Fehlentscheidungen führen, indem sie bestehende Überzeugungen verstärken, die Berücksichtigung alternativer Perspektiven einschränken und das eigene kritische Denken aufgeben.

Die folgenden kognitiven Verzerrungen können das Denken und die Entscheidungsfindung in Organisationen beeinträchtigen:

Wahrnehmungsverzerrungen

Folgende kognitive Verzerrungen treten im Kampfmodus besonders häufig auf:

  • Tunnelblick / Selektive Wahrnehmung: Neue Informationen / alternative Sichtweisen werden ignoriert.
  • Rezenzeffekt (Recency Bias): Aktuellen Ereignissen oder Informationen wird höhere Bedeutung beigemessen als älteren.
  • Urgency Bias: Zeitkritische Aufgaben/vermeintliche Dringlichkeit werden gegenüber wichtigen Aufgaben priorisiert und einem strategischen Plan gefolgt.

Verzerrungen der Informationsverarbeitung

Die folgenden kognitiven Verzerrungen treten besonders häufig im Kampfmodus auf:

  • Bestätigungsfehler: Informationen werden so interpretiert, dass sie das eigene Vorwissen, die eigenen Überzeugungen oder Annahmen bestätigen.
  • Schwarz-Weiß-Denken: Komplexe Sachverhalte werden auf zwei gegensätzliche Extreme reduziert – ohne Raum für Nuancen oder Grauzonen. (Spezielle Form: Freund-Feind-Denken – Personen oder Gruppen werden entweder als Freund oder Feind kategorisiert). Der entsprechende psychologische Abwehrmechanismus wird als Spaltung bezeichnet.
  • Fundamentaler Attributionsfehler: Die Schuld für das eigene Versagen wird situativen (d. h. externen) Faktoren zugeschrieben, während die Fehler anderer deren Charakter (d. h. internen Faktoren) zugeschrieben werden. Das heißt, mangelnde Verantwortungsübernahme für das eigene Verhalten – gleichzeitig die Tendenz, anderen die Schuld zuzuschieben.
  • Schuldzuweisung / Sündenbocksuche: Die Tendenz, andere zu beschuldigen, wenn etwas schiefgeht.

Verzerrungen bei Entscheidungsfindung und Engagement

Die folgenden kognitiven Verzerrungen treten besonders häufig im Kampfmodus auf:

  • Eskalierendes Committment: Das Festhalten an einer früheren Entscheidung, Meinung oder Handlung, obwohl Beweise dafür vorliegen, dass frühere Entscheidungen falsch waren oder der Kurs korrigiert werden sollte. Das Beharren auf früheren Entscheidungen/Standpunkten, um konsistent zu bleiben und zu vermeiden, einen Fehler eingestehen zu müssen.
    • Stress kann unterschiedliche Auswirkungen haben: Reagiert die Person mit Wut (Kampfmodus), kann dies zu einer Eskalation des Commitment führen. Reagiert sie hingegen mit Angst (Fluchtmodus, Beschwichtigungsmodus, Erstarren oder Kapitulation), kann dies die das Commitment verringern.3
  • Illusion der Vorhersagbarkeit / Kontrollillusion: Die Überschätzung der eigenen Fähigkeit, komplexe Dynamiken zu verstehen und zu kontrollieren. (Dies ist eine Unterform des Selbstüberschätzungsbias.)

Verzerrungen in der sozialen und Gruppendynamik

Gruppendenken und Autoritätsbias treten eher im Flucht- und Beschwichtigungsmodus auf. Ingroup-Bias und Outgroup-Bias sind allgemeine Tendenzen, die mit abnehmender kognitiver Flexibilität zunehmen und nicht von der Art der Stressreaktion abhängen.

  • Gruppendenken: Mangelndes kritisches Denken, da Gruppenmitglieder die wahrgenommene Meinung anderer Gruppenmitglieder übernehmen, um Konflikte zu vermeiden. Die Anpassung an andere Gruppenmitglieder ist ein Mechanismus zur Reduzierung von Angst und Stress.4
  • Autoritätsbias: Die Tendenz, Autoritäten nachzugeben und deren Meinungen, Entscheidungen oder … zu übernehmen. Handlungen von vermeintlichen Autoritätspersonen, oft auf Kosten kritischen Denkens oder eigener Urteilsfähigkeit. Ingroup Bias / Outgroup Bias: Ingroup Bias beschreibt die Tendenz, Personen zu bevorzugen und zu unterstützen, die der eigenen Gruppe angehören. Outgroup Bias hingegen beschreibt die Tendenz, Mitglieder anderer Gruppen abzulehnen. Ingroup- und Outgroup-Bias werden unter Stress verstärkt.
  • Ingroup Bias / Outgroup Bias: Ingroup Bias beschreibt die Tendenz, Personen der eigenen Gruppe zu bevorzugen und zu unterstützen. Outgroup Bias hingegen beschreibt die Tendenz, Mitglieder anderer Gruppen abzulehnen. Ingroup- und Outgroup-Bias verstärken sich unter Stress.5

Negative emotionale Auswirkungen

Neben allgemeinen kognitiven Beeinträchtigungen und Verzerrungen kann Stress auch die Emotionsregulation und die emotionale Intelligenz beeinträchtigen. Insbesondere kann Stress die Empathie und die sogenannte Theory of Mind (ToM) – also die Fähigkeit, die Gedanken, Gefühle und Perspektiven anderer zu verstehen und zu interpretieren – verringern. Dies geschieht, weil Stress die kognitiven Ressourcen hin zu überlebensorientiertem, selbstbezogenem Denken verschiebt.

Die folgenden Punkte sind oft das Resultat von Stress:

  • Verminderte emotionale Regulation (auf Grund von reduzierter Funktion des Präfrontalen Cortex)
    • Der präfrontale Cortex, der für die Impulskontrolle wichtig ist, wird unter Stress weniger aktiv.
    • Dies erschwert es, Emotionen zu regulieren und mit emotionaler Sensibilität zu reagieren.
  • Verminderte Emotionale Intelligenz
    • Emotionale Intelligenz ist wichtig für Selbstwahrnehmung, Empathie, Kommunikation und Konfliktlösung.
    • Chronischer Stress führt mit der Zeit zu Abstumpfung von Empathie.
    • Akuter Stress kann zu situationsbedingten Veränderungen im Sozialverhalten führen (kurzfristige situationsbedingte Abschaltung der Empathie).
    • Mangelnde emotionale Intelligenz kann zu Missverständnissen, eskalierenden Konflikten und Reibungen bei gemeinsamen Entscheidungsprozessen beitragen. Sie erschwert die Navigation in komplexen Organisationen und Hierarchien sowie den Umgang mit verschiedenen Interessengruppen.
  • Verringerung der Frustrationstoleranz
    • Stress zehrt an den körperlichen und geistigen Ressourcen, wodurch kleinere Unannehmlichkeiten viel ärgerlicher erscheinen als sonst.
  • Erhöhter Selbstfokus und Egozentrismus
    • Unter Stress werden Menschen selbstbezogener und nehmen die Gefühle anderer weniger ernst.
    • Das Gehirn priorisiert das eigene Überleben gegenüber sozialen Beziehungen, was zu vermindertem Mitgefühl führt.
  • Erhöhte Reizbarkeit (Aktivierung der Amygdala)
    • Stress verstärkt emotionale Reaktionen und macht Menschen oft reizbarer oder defensiver, d.h. sie neigen eher zu Kampf oder Flucht.
    • Dies kann zu Fehlinterpretationen der Absichten anderer und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Konflikten führen.

Eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit

Stress kann die Kommunikationsfähigkeit erheblich beeinträchtigen und sowohl die verbale als auch die nonverbale Kommunikation auf vielfältige Weise beeinflussen. Dies geschieht, weil Stress die kognitive Verarbeitung, die Emotionsregulation und das soziale Bewusstsein stört – wodurch es schwieriger wird, Gedanken klar auszudrücken, effektiv zuzuhören und die Signale anderer zu interpretieren.

  • Reduzierte Verständlichkeit & Ausdrucksfähigkeit
    • Schwierigkeiten, die eigenen Gedanken und Gefühle auszudrücken – Stress kann dazu führen, dass Menschen ihre Gedanken nicht formulieren und aussprechen können
    • Zu schnelles Sprechen – Da das Nervensystem aktiviert ist, sprechen Menschen möglicherweise zu schnell
  • Gedankenkohärenz & Ideen
    • Allgemeine kognitive Beeinträchtigungen (siehe oben) können es erschweren, zusammenhängende Gedanken zu bilden und diese logisch zu artikulieren.
  • Eingeschränkte Hörfähigkeit & Verstehen
    • Verminderte Aufmerksamkeit – Stress lenkt kognitive Ressourcen ab und erschwert die Konzentration auf Gespräche.
    • Fehlinterpretationen von Botschaften – Erhöhte Sensibilität oder Reizbarkeit können dazu führen, dass neutrale Aussagen als negativ oder kritisch wahrgenommen werden.
    • Verminderte Fähigkeit, Sarkasmus oder Humor zu erkennen – Unter Stress können soziale Nuancen schwerer zu verarbeiten sein.
    • Selektiver Fokus – Stress kann dazu führen, dass sich Menschen nur auf bestimmte Aspekte eines Gesprächs konzentrieren (z. B. auf wahrgenommene Bedrohungen oder Kritik).
  • Reizbarkeit und Aggressivität
    • Abwehrverhalten oder aggressiverer Tonfall – Stress erhöht die emotionale Sensibilität, was zu Reizbarkeit, Sarkasmus oder passiv-aggressiven Reaktionen führen kann.
    • Schwierigkeiten bei der Regulierung von Tonfall und Lautstärke – Menschen klingen möglicherweise unbeabsichtigt harsch, ungeduldig oder abweisend.
  • Veränderungen in der nonverbalen Kommunikation
    • Weniger Blickkontakt – Stress kann dazu führen, dass Menschen den Blick abwenden oder intensiv starren, ohne es zu merken.
    • Angespannte Körpersprache – Geballte Fäuste, verschränkte Arme oder eine steife Haltung können Abwehrhaltung signalisieren oder Unbehagen.
    • Veränderungen der Mimik – Stress kann dazu führen, dass Mimik ausdruckslos, gezwungen oder übertrieben intensiv wirkt.

Es ist wichtig zu beachten, dass eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit im Kontext verminderter Flexibilität betrachtet werden muss. Neigt man eher zur „Kampf“-Reaktion, kann dies zu aggressiverem und weniger flexiblem Verhalten im Hinblick auf Kooperation führen. Neigt man hingegen eher zur „Unterwürfigkeit/Beschwichtigung“, ist man weniger flexibel, wenn es um notwendige Konflikte, Wettbewerb und das Setzen klarer Grenzen geht. In beiden Fällen führt die geringere Flexibilität eher zu automatisierten Verhaltensmustern.

Fazit

Es ist unbestreitbar, dass Stress zu schlechteren Führungsleistungen, Kommunikations- und Entscheidungsfähigkeiten beiträgt. Durch das Verständnis dieser biologischen Mechanismen können Führungskräfte Strategien entwickeln, um den negativen Auswirkungen von Stress auf ihre kognitiven Funktionen entgegenzuwirken.

Wenn Sie sich Führungsherausforderungen stellen, denken Sie daran: Ihr Bewusstsein für Ihre eigenen Stressreaktionen gibt Ihnen eine gewisse Kontrolle darüber. Mit Übung und bewusster Aufmerksamkeit lernen Sie zu erkennen, wann Stress Ihre Entscheidungen beeinflusst. So können Sie Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Ihre Entscheidungen mit Ihrer langfristigen Vision übereinstimmen und nicht von kurzfristigen Überlebensinstinkten getrieben sind. Selbstwahrnehmung und Stressmanagement können wichtige Wettbewerbsvorteile sein.

Erfolgreiche Führungskräfte erkennen Stress und ihre gewohnten Reaktionen darauf. Sie setzen Instrumente ein, um die Auswirkungen von Stress auf ihre Entscheidungsprozesse zu minimieren.

Literatur & Fußnoten

Literatur

Fußnoten

  1. Putman, P., Antypa, N., Crysovergi, P., & van der Does, W. A. (2010). Exogenous cortisol acutely influences motivated decision making in healthy young men. Psychopharmacology208(2), 257–263.
    https://doi.org/10.1007/s00213-009-1725-y
    https://link.springer.com/article/10.1007/s00213-009-1725-y  ↩︎
  2. Todd, P. M., & Gigerenzer, G. (2000). Précis of Simple heuristics that make us smart. The Behavioral and brain sciences23(5), 727–780.
    https://doi.org/10.1017/s0140525x00003447
    https://www.cambridge.org/core/journals/behavioral-and-brain-sciences/article/abs/precis-of-simple-heuristics-that-make-us-smart/7A1736E163DE6FA2B868ED4B81AE1842
    ↩︎
  3. Tsai, M.-H., & Young, M. J. (2010). Anger, fear, and escalation of commitment. Cognition and Emotion, 24(6), 962–973. 
    https://doi.org/10.1080/02699930903050631
    https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/02699930903050631
    https://www.anderson.ucla.edu/documents/areas/fac/management/tsai_young_cem.pdf  ↩︎
  4. Chapman, J. (2006). Anxiety and defective decision making: An elaboration of the groupthink model. Management Decision, 44(10), 1391–1404. 
    https://doi.org/10.1108/00251740610715713
    https://www.emerald.com/insight/content/doi/10.1108/00251740610715713/full/html  ↩︎
  5. Pan, D. N., Wolf, O. T., & Merz, C. J. (2021). Exposure to acute stress affects the retrieval of out-group related bias in healthy men. Biological psychology166, 108210.
    https://doi.org/10.1016/j.biopsycho.2021.108210
    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301051121002039 ↩︎
Volker Dammann
Autor: Volker Dammann
Aktualisiert: 4. Nov. 2025

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