Konflikte lösen

Gewaltfreie Kommunikation (GFK)

Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) ist ein von Marshall B. Rosenberg entwickeltes Kommunikationsmodell. GFK ermöglicht bessere Kommunikation und Bildung von Vertrauen durch Realitätsorientierung, die Würdigung von Emotionen, das Wahrnehmen Bedürfnissen und das Aussprechen von Bitten. GFK kann die Lösung von Konflikten im persönlichen, beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich unterstützen.

In diesem Artikel lernen Sie die Grundannahmen der GFK sowie die 4 Schritte des GFK-Kommunikationsmodells kennen.

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Grundannahmen der Gewaltfreien Kommunikation

Humanistisches Menschenbild

Die GFK beruht auf einem humanistischen Menschenbild. Es wird angenommen, dass Menschen eine vertrauensvolle, wertschätzende Kommunikation mit anderen Menschen suchen.  

Dementsprechend werden problematische Handlungen eher als fehlgeleitete Strategien oder das Ergebnis einer Konfliktspirale gesehen. Auch hinter problematischem bzw. aggressivem Verhalten werden positive Absichten vermutet. 

„Jede Kritik, jedes Urteil, jede Diagnose und jeder Ausdruck von Wut ist der tragische Ausdruck eines unerfüllten Bedürfnisses.“

Marschall B. Rosenberg Begründer der Gewaltfreien Kommunikation

Realitätsbezug, innere Klarheit und Empathie

GFK-Techniken erfordern einen klaren objektiven Realitätsbezug und die Trennung von Beobachtung und Wertung. Auf einer gemeinsamen sachlichen Grundlage wird Empathie angewendet: Selbsteinfühlung und Empathie mit der anderen Person. 

Auf Basis dieser realistischen Klarheit wird es mir möglich, klar zu spüren, was ich möchte. Ich kann Strategien entwickeln, die der wechselseitigen Bedürfniserfüllung auf allen Seiten dienen.  Damit ist GFK vor allem auf Bedürfnisse und Gefühle gerichtet, die hinter Konflikten und zwischenmenschlichen Handlungen stehen.

Eigene Bedürfnisse und freundliche Bitten

Rosenberg nimmt an, dass Konfliktlösung leichter ist, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.  z.B. fällt es vielen Menschen leichter, auf (freundliche) Bitten einzugehen als auf Forderungen, zu erfüllende Pflichten oder externen Druck.

Daher unterstützen GFK-Techniken dabei, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse klar wahrzunehmen. Anschließend kann das eigene Bedürfnis durch Formulierung einer freundlichen Bitte kommunikativ ausgedrückt werden.

Lösungsansätze für Konflikte – „Giraffensprache“

In der Gewaltfreien Kommunikation verwende ich eine einfühlsame Sprache, die sogenannte „Giraffensprache“. Die Giraffensprache trägt zur Deeskalation von Konflikten bei. Im Gegensatz dazu steht die „Wolfssprache“, welche oft als Angriff empfunden wird und daher zu vermeiden ist.

Eigenschaften der „Giraffensprache“ beinhalten:

  • Trennung von objektiver Beobachtung und subjektiver Bewertung
    • Trennung von Fakten und Meinungen / Bewertungen
    • Beobachtungen sollen so beschrieben werden, wie es eine Videokamera / ein neutraler Beobachter gesehen hätte.
  • Verantwortung für eigene Gefühle / Handlungen übernehmen
    • Verantwortung für eigene Handlungen übernehmen.  Beispiel: „Ich habe entschieden, dieser Anordnung zu folgen.“ statt „Mein Chef wollte das so.“
    • Die eigenen Gefühle sollten nicht als durch die andere Person / Dritte verursacht gesehen werden.  Beispiel: „Ich hatte Angst, dass xyz passiert.“ statt „Er hat dafür gesorgt, dass ich mich schlecht fühle.“
  • Konkrete Sprache / Konkreter Bezug auf spezifische Situationen
    • Beobachtungen sollten konkret auf eine bestimmte Situation und einen Handlungszusammenhang bezogen werden.
    • D.h., auf konkrete Beispiele der jüngeren Zeit einzugehen, statt allgemeine Aussagen zu tätigen.
  • Prozessorientierte Sprache
    • Handlungen können verändert werden. Persönlichkeitseigenschaften werden eher als statisch wahrgenommen.
    • Daher sollten sich Beobachtungen auf Handlungen, nicht auf die Person beziehen
    • Vermeidung moralischer Urteile über den Kommunikationspartner bzw. Zuschreiben von Eigenschaften
    • Vermeiden, sich auf (vermutete / behauptete) unveränderliche Persönlichkeitseigenschaften zu beziehen.
  • Forderungen, Anschuldigungen und Kritik vermeiden
    • Anschuldigungen bzw. Kritik führt oft dazu, dass ein Impuls für Verteidigung oder einen Gegenangriff ausgelöst wird.
    • Verurteilungen, Anschuldigungen, Kritik sollen vermieden werden.
    • Forderungen können im Unterschied zu Bitten nicht gut abgelehnt werden. Es drohen Strafen (z.B. Beziehungsverschlechterung, Erzeugung von Angst oder Schuldgefühlen)
  • Bitten / Ausgedrückte Bedürfnisse statt Forderungen und Anschuldigungen
    • Auf Bitten („ich bitte Dich“) bzw. Bedürfnisse („ich brauche“) kann flexibel / empathisch eingegangen werden. 
    • Bitten können auch abgelehnt werden.  Im Falle einer Ablehnung kann man gemeinsam flexibel nach alternativen Lösungen suchen, welche die Bedürfnisbefriedigung ermöglichen.

Grundmodell der GFK – Das 4-Schritte-Modell

Das 4-Schritte-Modell

Die vier Schritte der GFK sind Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis, Bitte.

Diese vier Bestandteile können als Modell der aktiven Kommunikation (aktives Sprechen) und beim empathischen Zuhören eingesetzt werden:

Schritt 1

Beobachtung

  • Welche konkrete Handlung konnte man beobachten?
  • Beschreibe die Situation, wie sie ein neutraler Beobachter / eine Kamera aufnehmen würde.
  • Keine Wertungen, Urteile Interpretationen
Schritt 2

Gefühl (Emotion / Empfindung)

  • Welches Gefühl löst die Beobachtung aus?
  • Gefühle sind Emotionen und wahrnehmbare Körperempfindungen.
  • Gefühle werden u.a. dadurch ausgelöst, dass Bedürfnisse erfüllt oder nicht erfüllt werden.
Schritt 3

Bedürfnisse

  • Welches (unerfülltes) Bedürfnis wird ausgelöst?
  • Bedürfnisse sind etwas was ich brauche (Bedürfnisse) und was mir wichtig ist (Werte).
  • Menschliche Grundbedürfnisse umfassen z.B. Sicherheit, Kontakt, Anerkennung, Sinn
Schritt 4

Bitte

  • Aus Bedürfnissen ergeben sich Wünsche, die als Bitte für eine Handlung formuliert werden können.
  • Eine Bitte bezieht sich auf konkrete Handlungen im Hier und Jetzt (bzw. der nahen Zukunft)
  • Bitten sollten positiv formuliert werden: Ich sage, was ich will nicht was ich nicht will.

Aktiv Kommunizieren (Sprechen)

Beim Sprechen gehe ich auf jeden der vier Schritte in dieser Reihenfolge ein. Dabei stelle ich sicher, dass mich mein Kommunikationspartner versteht und verwende die Giraffensprache.

Aktive Kommunikation: 4 Schritte in einem Satz laut Marschall Rosenberg:

„Wenn ich a sehe, dann fühle ich b, weil ich c brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne d.“

Aktives Zuhören

Beim aktiven Zuhören versuche ich herauszufinden was der Kern der Botschaft des anderen ist.

Ich könnte beim aktiven Zuhören auch Fragen stellen, um sicherzugehen, dass ich verstehe, wie jeder der vier Schritte im anderen lebt. Was hat der andere Beobachtet? Welche Gefühle löst das aus? Welche Bedürfnisse hat die andere Person? Was ist die positiv formulierte Bitte an mich.

Fragen beim aktiven Zuhören könnten die folgende Form haben: „Verstehe ich Dich richtig, dass Du … gesehen hast?“, „Fühlst Du… weil Du … brauchst?“ oder „Verstehe ich Dich richtig, dass Du Dir wünschst, dass ich… mache?“